Bei den einzelnen Abkürzungen verliert man gerne mal den Überblick, daher hier kurz eine entsprechende Erklärung, was was bedeutet:
CETA: Comprehensive Economic and Trade Agreement
TTIP: Transatlantische Freihandelsabkommen
TISA: Trade in Services Agreement
Am bekanntesten ist wohl derzeit TTIP, welches derzeit noch zwischen den USA und der EU verhandelt wird. CETA hingegen wurde bereits an und für sich abschließend – zwischen Kanada und der EU (siehe auch die Karte oben) – verhandelt und muss eigentlich nur noch verabschiedet werden. TISA hingegen betrifft viele Vertragspartner (Länder) und ist derzeit noch im Verhandlungsprozess.
Grundsätzlich dienen solche Abkommen wie CETA und TTIP dem Abbau von Handelshemmnissen. Das ist an und für sich gut (vor allem für eine Exportnation wie Deutschland). Man unterscheidet aber zwischen tarifären und nicht-tarifären Hemmnissen. Ein tarifäres Hemmnis wäre eine Verzollung. Die Abschaffung von Zöllen passt vielleich recht gut (wobei man auch da immer schauen muss, denn Zölle haben ja nicht nur die „Abkassier“-Funktion).
Nicht-tarifär sind jedoch andere Hemmnisse. Und da wird es schon schwieriger. Politische Entscheidungen in einem Land könnten beispielsweise zu einem Handelshemmnis führen. Will man das wirklich unterbinden?
Will man potentielle Verfahren deswegen vor – außerhalb der normalen Rechtswege stehenden – „Gerichte“ klären lassen?
Nachdem es zuletzt Ende Januar eine TTIP-Diskussion bei ver.di Bochum-Herne gab, wo man einiges darüber lernen konnte (so habe ich beispielsweise für mich mitgenommen, dass im Bereich der Medizinprodukte eine Angleichung an US-Standards für Deutschlands Verbraucher besser wäre – was ich vorher nicht gewusst hatte), lud unlängst der SPD Stadtbezirk Bochum-Mitte auch zu einer entsprechenden Veranstaltung ein:
Dort wurden dann auch viele Argumente gegen CETA und TTIP ausgetauscht, die Pro-Argumente waren dann doch eher spärlich gesät und teilweise auch recht „allgemein“ gehalten, nach dem Motto „Man darf da nicht außen vor bleiben“. Stark kritisiert wurden unter anderem folgende Punkte:
- private Schiedsgerichte: Wenn es zu Streitigkeiten im Rahmen des Handelsabkommens kommt, dann werden private Schiedsgerichte (deren Besetzung noch gar nicht so klar ist) darüber entscheiden. In der Vergangenheit gab es da einige spektakuläre Verfahren – als Beispiele möchte ich zwei nennen, die natürlich auf anderen – aber anscheinend vergleichbaren – Abkommen basieren: So wurde beispielsweise Ägypten verklagt, da in Ägypten der Mindestlohn erhöht wurde. Das würde ja die Gewinnchancen der ausländischen Investoren verringern… Und aktuell klagt der schwedische Energieversorger Vattenfall gegen Deutschland – denn der beschlossene Atomausstieg würde nicht zu den Gewinnerwartungen von Vattenfall passen.
- Negativlisten: In der Vergangenheit gab es bei solchen Abkommen „Positivlisten“, das heißt es wurde abschließend aufgelistet, wo das Abkommen zu gelten hat. Jetzt gibt es Negativlisten – nur die Sachen, die dort aufgelistet sind, unterliegen nicht dem Abkommen. Das öffnet natürlich vor allem zukünftig Tür und Tor für Regulierungen in Bereichen, wo man das vielleicht gar nicht will und jetzt noch nicht absehen kann.
Während derzeit stark gegen TTIP argumentiert wird, ist es anscheinend auch für die Europaabgeordneten, die über TTIP irgendwann mal abstimmen sollen, schwierig, sich darüber zu informieren. Ich verweise dazu auf den Beitrag von MdEP Dietmar Köster Auf der Suche nach Geheimdokumenten. Und aktuell wird auch berichtet, dass der Datenschutz zwischen der EU und den USA angeglichen werden soll. Wer die USA kennt, der weiß, dass Datenschutz wie er hierzulande üblich ist, dort eher als Geschäftshindernis angesehen wird – insofern vermutet der Artikel TTIP und TISA: Die USA wollen Datenschutz wegverhandeln da nicht das beste.
Auch die schwierige Juristensprache, die selbst viele Juristen gar nicht verstehen, wird oft kritisiert. Dahingehend finde ich es gut, dass der Deutsche Bundestag (auf Antrag der Linksfraktion) eine Übersetzung erstellt hat: CETA-Vertragstext (in deutsch)
Da kann man sich dann wenigstens schon mal informieren, bevor die Texte offiziell übersetzt werden – denn dann sollen sie schon verabschiedet sein.
Meine persönliche Meinung zu TTIP, CETA & Co.:
Persönlich sehe ich momentan mehr die Gefahren als die Chancen. Ich habe den Eindruck, dass momentan eher die multinationalen Konzerne von solchen Abkommen profitieren. Bezeichnend ist beispielsweise, dass zwar auch die Rechte von Arbeitnehmern teilweise berücksichtigt werden – aber just diese Punkte sollen nicht einklagbar sein.
Ob man wirklich zur Vereinheitlichung von Blinkern der amerikanischen (rot) und der europäischen Art (orange) solche weitreichenden Abkommen braucht wage ich zu bezweifeln.
Insgesamt gesehen würde ich jetzt aber noch nicht darüber entscheiden wollen, da mir dafür bisher zu wenig Informationen vorliegen. Jedoch befürchte ich, dass mögliche Korrekturen an TTIP (denn dort wird ja noch verhandelt) gar nicht großartig helfen, denn wenn das bereits ausverhandelte CETA so in Kraft tritt, dann könnte indirekt einiges was bei TTIP kritisiert wird, bereits Gültigkeit über den Umweg CETA besitzen.
So wäre beispielsweise denkbar, dass ein Unternehmen aus Nordamerika in Europa oder sagen wir mal genauer in Deutschland investiert. Wenn jetzt irgendwann der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro/Stunde erhöht wird, könnte das ein Handelshemmnis sein. Da wird – solange TTIP nicht gilt – ein US-Unternehmen nicht unbedingt vorgehen können. Aber vielleicht dessen kanadische Tochter, dem vorher die Investitionen in Deutschland überschrieben worden sind.
Insofern habe ich sogar die Befürchtung, dass potentielle Verbesserungen an zentralen TTIP-Kritikpunkten nichts bringen, wenn CETA genau diese Kritikpunkte aufweist und in Kraft getreten ist.