Die Bundesregierung hat vor kurzem beschlossen, dass die so genannte Vorratsdatenspeicherung (VDS) wieder eingeführt werden soll. „Wieder“ deswegen, weil es das ganze schon mal gab – bis die höchsten Gerichte die Regelung einkassierten. Übrigens mit den Argumenten, die die Kritiker schon damals dazu anbrachten, die aber von der Mehrheit der Politik nicht berücksichtigt wurden.
Auch die EU-Richtlinie, die für die SPD eine Grundlage der Beschlussfassung zur Vorratsdatenspeicherung war, ist inziwschen (durch den Europäischen Gerichtshof) aufgehoben worden.
Insofern ist eigentlich die Geschäftsgrundlage der knappen Mehrheit eines SPD-Parteitags für die Vorratsdatenspeicherung wie auch für den gemeinsamen Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD entfallen.
Dennoch will nun überraschend die SPD dem Drängen von CDU und CSU beigeben und will wohl die Vorratsdatenspeicherung wieder einführen. Man weiß aber, dass der Begriff negativ belegt ist – denn dadurch wird ja schon sofort klar, dass verdachtsunabhängig die Daten aller Bundesbürger gespeichert werden sollen. Daher nennt man das ganze jetzt „Mindestspeicherfrist“, was aber die ganze Sache nicht besser macht (man erinnere sich an die „Gesundheitsprämie“, was in Wirklichkeit ja auch nur eine schönere Formulierung für „Kopfpauschale“ war).
Bei der SPD-Basis regt sich Widerstand dagegen – vor allem weil inzwischen auch viele Landesverbände sich eindeutig gegen die Vorratsdatenspeicherung positioniert haben.
Der netzpolitische Verein D64 (in dem ich auch Mitglied bin) hat zum kommenden Parteikonvent der SPD (am 20. Juni 2015) eine Aktionsseite gestartet, auf der es einen Musterantrag gegen die Vorratsdatenspeicherung gibt.
SPD Bochum-Ehrenfeld für den Antrag gegen die Vorratsdatenspeicherung:
Damit ist die SPD Bochum-Ehrenfeld eine von über 100 Gliederungen der SPD bundesweit, die sich gegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen hat.
Das mit den über 100 Gliederungen ist insofern bemerkenswert, als dass man hier in der kurzen Zeit (parteitechnisch gesehen war es wirklich eine kurze Zeit vom Bekanntwerden der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung und dem letzten Termin, bis zu dem Anträge zum Parteikonvent eingereicht werden konnten) so viele Gliederungen für sich gewinnen konnte.
Denn es ist ja gar nicht einfach so kurzfristig eine Beschlussfassung herbeizuführen, denn man braucht dafür schon das geeignete Gremium (Parteitag, Delegiertenkonferenz, Vorstand oder ähnliches), welches dann auch noch rechtzeitig VOR der Antragsfrist tagen muss.
Im Ehrenfeld haben wir das geschafft und da bin ich sehr froh drüber!
SPD Stadtbezirk Bochum-Mitte diskutierte über (den Antrag gegen) die Vorratsdatenspeicherung:
In der letzten Woche wurde ich gebeten im Rahmen einer Delegiertenkonferenz des Stadtbezirkes Mitte der SPD Bochum den Ehrenfelder Antrag noch einmal vorzustellen. Es ging nur um die „Vorstellung“, denn fristgemäß konnte der Stadtbezirk dazu nichts mehr beschließen – eben weil die Eingangsfrist für die Anträge schon verstrichen war.
Dennoch wurde der Antrag vorgestellt und es wurde darüber auch engagiert diskutiert (mit Pro & Contra) was ich sehr begrüße.
Wie es weiter geht…
Nach den bisher vorliegenden Informationen wird die Vorratsdatenspeicherung Thema auf dem Parteikonvent werden. Die Befürchtung, dass die Antragskommission das ganze beispielsweise an die Bundestagsfraktion verweisen will, haben sich nicht bestätigt.
Vielleicht ist das mit ein Grund, dass man bei CDU/CSU eine „Hysterie“ der SPD bei der Vorratsdatenspeicherung beklagt. Ich weiß nicht, ob das Eintreten für Bürgerrechte „hysterisch“ ist – ich finde es gut, dass durch die Basis der SPD das Thema aufgegriffen wird!
Informationsvideo:
Nachfolgend ein Video zum Vortrag Vorratsdatenspeicherung verhindern – letzte Chance SPD-Parteikonvent?, den Henning Tillmann (der einer der hauptsächlichen Initiatoren der Basiskampagne gegen die Vorratsdatenspeicherung ist) auf der re:publica Anfang Mai in Berlin gehalten hat:
In seinem Blog erklärte er vor kurzem auch, warum die Vorratsdatenspeicherung ein Ende des öffentlichen WLAN in Deutschland bedeutet – was übrigens inzwischen auch viele in der Führung der SPD sehr kritisch sehen. Denn eigentlich will man ja die gefühlte technische Steinzeit in Sachen Internet in Deutschland verlassen – mit der Vorratsdatenspeicherung kämen wir aber wieder dahin.