SPD-Filz im Rathaus Bochum? Oder aber: Viel CDU-Lärm um nichts…

Willy-Brandt-Platz in Bochum vor dem Rathaus
Willy-Brandt-Platz in Bochum vor dem Rathaus

Schon seit einigen Wochen wird in den so genannten „sozialen“ Netzen mal wieder in den ganz großen Tönen (für gewisse Übertreibungen sind diese Netzwerke ja bekannt) über Filz, Machtmissbrauch, Vetternwirtschaft und ähnliches im Bochumer Rathaus diskutiert. Teilweise unter Beteiligung der Opposition im Bochumer Rat wurden da Vorhaltungen und Verdächtigungen formuliert, die aber im Rahmen einer kurzen Prüfung den Verdächtigungen nicht standhalten.
Aber Hauptsache erstmal schlau behauptet… irgendwas bleibt ja sicherlich hängen.

So hieß es beispielsweise, dass Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch trotz eines Einstellungsstopps bei der Stadtverwaltung Mitarbeiter aus Düsseldorf ins Rathaus geholt hätte. Das es neue Stellenbesetzungen gab wurde von der Opposition in den Diskussionen zwar bestätigt – dass es aber gar keinen Einstellungsstopp gibt, das wurde nicht erwähnt. Wahrscheinlich würde es nur vergessen zu erwähnen… Dabei ist das gar nicht schwer herauszufinden, denn wer sich nur ein wenig informiert, der weiß ganz genau, dass die Stadt Bochum derzeit immer wieder neue Leute einstellt – zuletzt wurden beispielsweise Juristen für das Rechtsamt oder aber Tischler für die Zentralen Dienste gesucht.
Insofern: Nix mit Einstellungsstopp!
Es macht sich aber bei der Empörung natürlich viel besser, wenn man behauptet, dass es eigentlich einen Einstellungsstopp geben würde…

Aktuelle Diskussion:

Die aktuelle Diskussion die in den Kommentarspalten grassiert wurde vermutlich durch zwei Dinge initiiert:

Einerseits hat sich die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Bochum recht überraschend am Wochenende geäußert: SPD-Fraktion schlägt Sebastian Kopietz als Dezernenten für Personal, Recht und Ordnung vor (siehe auch den WAZ-Bericht SPD entscheidet Dezernentenfrage).

Andererseits schrieb Dirk Schmidt, seines Zeichens CDU-Vorsitzender in Wattenscheid und Ratsmitglied der CDU im Rat der Stadt Bochum, in seinem Beitrag Der Filz ist zurück: SPD Bochum löst Personalproblem für SPD Dortmund.
Darin beschreibt er, dass die Stelle des Personal- und Rechtsdezernenten der Stadt Bochum von einem Bewerber übernommen werden soll, der SPD-Mitglied ist.

In der Print-Ausgabe der WAZ Bochum hieß es dann (vermutlich basierend) auf diesem Beitrag und unter Zugrundenahme eigener Recherche: „Eiskirch kehrt zum Filz zurück“ (interessanterweise wurde der Artikel online bei DerWesten anders genannt: Erst hieß er „Job und SPD-Parteibuch gehören in Bochum oft zusammen“ und jetzt aktuell „Opposition wirft Bochumer SPD Vetternwirtschaft vor“).

In dem Artikel geht es auch um die Besetzung der Dezernentenstelle und zusätzlich werden noch zwei weitere Stellen (mitsamt Namen und Vergütungsgruppen – gilt sowas wie Datenschutz eigentlich nicht?) genannt, die zum direkten Arbeitsbereich des Oberbürgermeisters gehören und die ordnungsgemäß nach Rücksprache mit dem Personalrat besetzt worden sind.
Nach den mir bekannt gewordenen Informationen haben die entsprechenden Personen auch die entsprechenden Qualifikationen (Stichwort: Bestenauslese) – und dass es ein Vertrauensverhältnis zur Verwaltungsspitze gibt, sollte eher ein positiver Aspekt sein als ein negativer.

Jetzt werden da zwei Dinge miteinander vermischt, die nichts miteinander zu tun haben sollten…

In der Debatte dazu werden jetzt gerade dann zwei Dinge vermischt, die meiner Meinung nach dazu führen, dass die Diskussion nicht sachlich geführt wird.

Vertrauenspositionen im Umfeld des Oberbürgermeisters

Da werden jetzt – Wochen später nach den ersten aufgekommenen Diskussionen dazu – Stellenbesetzungen im Bereich des Oberbürgermeisters thematisiert skandalisiert. Es sollte eigentlich mehr als normal sein, dass ein neuer Oberbürgermeister in einer Verwaltung, in der es mehrere tausend Mitarbeiter gibt, sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen er direkt zusammenarbeiten muss, genauer anschaut und dort ein Vertrauensverhältnis wünscht.
Das hat auch nichts mit einem SPD-Filz zu tun, denn das ist ein übliches Vorgehen, wenn eine Führungskraft irgendwo neu anfängt. So etwas gibt es in der privaten Wirtschaft, im Fußball (es wäre beispielsweise eher selten so, dass ein Trainer eben nicht seinen Co-Trainer mitbringt) und auch in der öffentlichen Verwaltung. Das es beispielsweise bei den neu gewählten Oberbürgermeistern von Essen und Oberhausen (Thomas Kufen und Daniel Schranz, beide CDU) auch zu solchen Änderungen kam (beispielsweise ist der damalige Pressesprecher des CDU-OB-Kandidaten jetzt Pressesprecher des Oberbürgermeisters) ist keine große Sache.

Insofern kann ich es nicht negativ finden, wenn der Wahlkampfleiter des Oberbürgermeisters, der den Oberbürgermeister sehr gut kennt und weiß wie man mit ihm arbeitet, eine entsprechende Position ausfüllt, die er auch aufgrund der beruflichen Qualifikationen (dazu aber am Ende noch was!) ausüben kann.

Besetzung der Dezernentenstelle

Aktuell wird derzeit die Besetzung der freien Dezernentenstelle in Bochum diskutiert. Seit längerem ist das Rechtsdezernat unbesetzt, nachdem die bisherige Amtsinhaberin (die Mitglied in der CDU war) nach Dortmund gewechselt ist. Auch das Personaldezernat in Bochum ist derzeit unbesetzt, da die bisherige Amtsinhaberin (die aus der SPD war) nicht erneut gewählt wurde.
Insofern gab es eine Ausschreibung für eine neue Stelle, welche u.a. die beiden oben genannten Bereiche abdecken soll.
Nach dem was über den Kandidaten, der von der SPD-Fraktion bevorzugt wird, bekannt ist, scheint er als Volljurist und Beschäftigter beim Regierungspräsidenten des Regierungsbezirkes Arnsberg die geforderten Voraussetzungen zu erfüllen.

Inwiefern andere Kandidaten ggf. besser sind kann ich nicht beurteilen – ich kenne die anderen Bewerbungen nicht.

Regt sich die CDU nicht wegen des Parteibuches auf, sondern wegen des falschen Parteibuches?

Die Aufregung der CDU Bochum scheint vor allem darin zu bestehen, dass der Kandidat, den die SPD-Ratsfraktion Bochum zu favorisieren scheint, ein SPD-Parteibuch hat. Wenn das der einzige Kritikpunkt der CDU Bochum an diesem Kandidaten zu sein scheint…

CDU äußert sich offiziell gegen Filz – ist aber selber für Filz

Für die CDU Bochum ist die geplante(!) Besetzung (noch entscheidet ja der Rat der Stadt Bochum dazu!) ein Zeichen von Filz. Dieser Meinung muss man sich nicht unbedingt anschließen.
Hätte jedoch die CDU Bochum, wie immer wieder von ihr gefordert, selber ein Vorschlagsrecht: Das wäre Filz!

Insofern: Viel Lärm um nichts…

Eigentlich wird da gerade viel Staub aufgewirbelt, obwohl es da objektiv gesehen kaum einen Grund für gibt. Aber so ist das halt gelegentlich in der Politik und in anderen Bereichen.

Man kann jedoch noch zwei interessante Dinge aus der aktuellen Diskussion dazu mitnehmen:

Abschlüsse sind egal…

Im vergangenen OB-Wahlkampf wurde gerade seitens der CDU Bochum der fehlende Berufsabschluss des damaligen SPD-Kandidaten Thomas Eiskirch immer wieder als vermeintliches Argument herangezogen.
Das dieses Argument nur vorgeschoben war, haben einem Oppositionspolitiker hinter vorgehaltener Hand („bitte nicht zitieren!“) schon immer gesagt, aber die aktuelle Diskussion zeigt, dass man in solchen Fragen recht flexibel sein kann:
Denn selbst wenn ein Kandidat, wie der jetzige Kandidat für das neue Amt des Rechtsdezernenten, die erforderliche fachliche Qualifikation und Berufsausbildung besitzt – selbst dann wird daran herumgemäkelt.

Die CDU Bochum ist vermutlich selber schuld…

… dass sie nicht mehr im Verwaltungsvorstand der Stadt Bochum vertreten ist. Hätte man der damaligen Rechtsdezernentin seitens der CDU Bochum entsprechende Signale ausgesendet, dass man sie als potentielle OB-Kandidatin für 2015 aufbaut, dann wäre sie vielleicht in Bochum geblieben. Und wer weiß, vielleicht hätte sie auch gegenüber dem damaligen CDU-Kandidaten Klaus Franz besser abgeschnitten. So oder so – die CDU Bochum hätte dann einen Sitz im Verwaltungsvorstand der Stadt Bochum gehabt.

Im Übrigen glaube ich nicht, dass die jetzige Situation, die von der CDU Bochum und ihren maßgeblichen Vertretern künstlich aufgebauscht wurde, dazu beiträgt, dass das politische Klima sich in der Stadt Bochum verbessert.
Und darunter werden vermutlich alle zu leiden haben. Am Sonntag Abend werden vermutlich Vertreter vieler Parteien wieder bedauern, dass platte populistische Statements Erfolge feiern. Vielleicht liegt das auch an einer überreizten Situation, wo viel Lärm um Nichts erzeugt wird?