Nach dem Scheitern von Jamaika ist die „Große Koalition“ wieder in aller Munde. Insofern wiederholt sich die Geschichte mal wieder. Doch 2017 ist doch einiges anders als 2013…
Denn 2013 gab es bereits ein Mitgliedervotum der SPD zum Koalitionsvertrag 2013 (ja, so sperrig amtlich heißt das – jedenfalls im entsprechenden Wikipedia-Beitrag).
Große Koalition #GroKo 2013:
Als die große Koalition 2013 anstand hatte man im Vorfeld vereinbart, dass es ein Mitgliedervotum geben wird. In diesem sollten die Mitglieder der SPD sich zum ausgehandelten Koalitionsvertrag äußern. So viel Mitbestimmung hat es meiner Meinung nach auf bundespolitischer Ebene noch nie gegeben!
Damals machte ich mir es mit meiner Entscheidung nicht einfach: Ich nahm mir das Wahlprogramm der SPD und überlegte mir darauf basierend einige für mich sehr wichtige Punkte. Diese hätte ich gerne umgesetzt gesehen. Zusätzlich noch eine gleiche Anzahl von anderen Punkten, die nicht elementar, aber so nach dem Motto „nice to have“ schön wären.
Interessanterweise gab es ja immer wieder mehr oder weniger offizielle Zwischenstände, so dass es muntere Textvergleiche gab, nach dem Motto: „Was ist jetzt neues dazu gekommen?“
Manchmal konnte man beim Versionsvergleich dann auch direkt erkennen, wer sich zwischenzeitlich etwas mehr durchgesetzt hatte.
Große Koalition 2013 überzeugte durch u.a. Mindestlohn, Rente mit 63, Kommunalfinanzen
Erfreulich fand ich, dass wichtige Punkte, wie beispielsweise die Einführung eines Mindestlohnes, der Rente mit 63 und eine Stärkung der Kommunalfinanzen im damaligen Koalitionsvertrag enthalten waren.
Ich hatte damals noch einige weitere wichtige Punkte (und die besagten „nicht ganz so wichtigen“-Themen) und mehrheitlich waren diese Punkte im Koalitionsvertrag enthalten.
Es gab natürlich auch Punkte, die ich eher ablehnte (Stichwort: Vorratsdatenspeicherung – siehe auch diesen Beitrag).
Das da auch noch Punkte waren, die dann einzeln betrachtet für mich ablehnenswert waren, sei jetzt mal dahingestellt.
Damals entschied ich mich guten Gewissens für die große Koalition…
Mehr als vier Jahre danach bin ich mir aber nicht mehr so sicher, ob das die richtige Entscheidung war.
Ja klar, der Mindestlohn wurde eingeführt die Rente mit 63 auch usw. Dennoch gab es einige Punkte, die mir nicht gefallen haben. Insbesondere die nicht-Einhaltung von Koalitionsvereinbarungen durch CDU/CSU. Das prominenteste Beispiel ist hier sicherlich das Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit.
Vor der Bundestagswahl lehnt die Bundeskanzlerin Angela Merkel das noch ab (obwohl es gemeinsam vereinbart war!). Im Wahlkampf setzt sich die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel dafür ein…
Im Nachhinein ist man immer schlauer:
Zwar hat die große Koalition viel von der SPD-Programmatik umgesetzt. Von CDU und CSU kann man ja kaum Projekte benennen, die erfolgreich umgesetzt wurden.
Dennoch kam das nicht entsprechend bei den Wählerinnen und Wählern an. Oftmals wurde mir beispielsweise in den Wahlkämpfen danach auch gesagt, dass doch die CDU den Mindestlohn eingeführt habe…
Große Koalition 2017?
Jetzt steht eventuell wieder eine Entscheidung über eine große Koalition für die Mitglieder der SPD an. Vorher findet jedoch jetzt am nächsten Sonntag ein außerordentlicher Bundesparteitag der SPD statt. Da treffen sich die Delegierten und entscheiden – auf Basis der Sondierungsgespräche – ob man formell Koalitionsverhandlungen aufnehmen soll.
Sollte dies der Fall sein, dann wird es die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD geben. Wenn es dort zu einem Ergebnis kommt, dann werden die Mitglieder der SPD darüber abstimmen. So wie es 2013 der Fall war.
Enttäuschende Sondierung
Das Ergebnis der Sondierungsgespräche empfinde ich als enttäuschend. Während sowohl CDU als auch CSU ihre „Herzensangelenheiten“ im Sondierungspapier durchsetzen konnten, sehe ich das bei der SPD eher nicht. Das beschlossene Programm der SPD zur Bundestagswahl 2017 hat da meiner Meinung nach ganz andere Aspekte betont.
Klar, es gibt Positionen im Papier, die kann man der SPD zuordnen. Aber es sind meiner Meinung nach nicht die Themen, die wirklich wichtig sind. Wichtig ist es beispielsweise die Spaltung der Gesellschaft wie die klaffende Schere zwischen Arm und Reich aufzuhalten oder gar umzukehren.
Bei anderen Themen sind es eher Selbstverständlichkeiten, die als Erfolg verkauft werden – beispielsweise bei der Rente. Denn dass das Rentenniveau bis 2025 bei 48 % bleibt, das ist eher Versicherungsmathematik, denn politische Entscheidung. Oder aber eher gesagt den Babyboomern zu verdanken.
Etwas, was nach jetzigem Stand eh kommt, als Erfolg zu verkaufen finde ich merkwürdig. Insbesondere, wenn die notwendigen Maßnahmen für die Zeit ab 2025 anscheinend auch erst dann getroffen werden sollen.
Bei den Inhalten könnte ich da noch einiges mehr nennen, aber der Text wird hier sonst noch zu lang.
Große Koalition 2017: ein grundlegendes Problem
Persönlich habe ich noch ein grundlegendes Problem mit der großen Koalition unter den jetzigen politischen Konstellationen. Denn dadurch würde die AfD in der Opposition aufgewertet werden, die es wahrlich nicht verdient hat.
Außerdem sehe ich die Gefahr, dass eine wichtige politische Stimme – die der Sozialdemokratie – durch eine erneute große Koalition nachhaltig beschädigt wird.
Respekt jedoch denen, die eine andere Meinung haben
Sobald man mehr als ein, zwei Personen beisammen hat, gibt es nicht immer für alles ein- und dieselbe Meinung. So ist es natürlich auch bei dieser Frage.
Ich finde es absolut in Ordnung, wenn jemand zu der Thematik #GroKo oder #NoGroKo eine andere Meinung hat. Denn natürlich gibt es im Sondierungspapier Fortschritte und ich kann nachvollziehen, wenn es einige gibt, die auf Grundlage der Sondierungsgespräche die große Koalition wünschen.
Jedoch ist das eine Sache, die man für sich selbst entscheiden muss. Natürlich kann man versuchen Einfluss zu nehmen, in dem man versucht mir Argumenten zu überzeugen – am Ende ist das jedoch die zu respektierende Entscheidung einer jeden einzelnen Personen selbst.
Vernünftiger Umgang ist notwendig…
Was bei diesen Diskussionen jedoch wichtig ist – ein vernünftiger Umgang. Persönliche Angriffe, gar Beleidigungen, Unterstellungen, Vorwürfe und Verallgemeinerungen helfen nicht wirklich und vergiften die Atmosphäre nur.
Hier sollte man lieber einmal mehr aufs Bremspedal drücken…